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Die Stellung des Wahlbruders (Müsahip)
Die Bedeutung des Müsahip (müsahiplik, auch „ahiret kerdesligi“ [Jenseitsbruderschaft] und „yol kardesligi“ [Wegbruderschaft]) ist mancherorts so groß, daß bei Nichtvorhandensein einer
solchen Beziehung die Teilnahme an religiösen Zeremonien verweigert wird. Primär bedeutet die Bruderschaft Solidarität in allen Lebenslagen und die Teilung jeglichen Eigentums. Die Beziehung ist somit engmaschiger
als zu einem Blutsverwandten. Sie wird unter gleichaltrigen, verheirateten Männern geschlossen, die Auswahl des Bruders ist jedem freigestellt und schließt die Ehefrauen mit ein. Sie verpflichtet beide Seiten bis
über den Tod hinaus; das Ableben eines Bruders bringt für den anderen die Verpflichtung mit sich, dessen Familie zu versorgen. Die Bindung soll sowohl Gruppensolidarität als auch –identität stärken, einen
Fürsprecher im Jenseits bilden und die Vollmitgliedschaft in der Kultgemeinde ermöglichen.
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