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Die vier Torwege
Der mystischen Lehre der „dört kapi, kirk makam“ (vier Torwege, vierzig Stationen), eine für Vorhoff geradezu numerische Formulierung der Glaubenslehre“ kommt zentrale Bedeutung zu. Der
Gläubige erlangt Einheit mit Gott erst nach Durchschreiten der Torwege, die jede für sich zehn Gebote beinhalten. Die unterste Rangstufe ist das „seriat“ (Scharia), das religiöse Gesetz, nach alevitischer
Auslegung also jene 30.000 Geheimnisse, die Gott Mohammed anvertraut hat. Nach eigenem Selbstverständnis berechtigt die Zugehörigkeit zur alevitischen Dynastie qua Geburt zur Aufnahme in das nächsthöhere Tor des
„tarikat“ (Suche nach innerer Erleuchtung; der mystische Weg). Als „mürit“ (Schüler) läßt sich der Gläubige von einem „mürsit“ (Lehrer, Ziehvater) in die Mystik einweisen und befolgt fortan dessen
Anweisungen; er lernt u.a. „Gutes“ zu leisten, anständig, bescheiden und wohltätig zu sein. Hat er sich bewährt, tritt er in das „marifet-Tor“ (Fähigkeit göttlicher Erkenntnis) ein. Profane Laster legt
er ab und übt sich in Geduld, Toleranz und Genügsamkeit; seinen Gelüsten soll er abschwören, Selbstsucht, Haß oder Rache sollen begraben werden. Dann erst kann er eintreten in das Tor der „Wahrheit“ (hakikat),
die göttliche Erfahrung ist ihm sicher, hier kann er Gott in sich und sich in Gott betrachten.
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