Anzahl und Verteilung der Aleviten
Es ist fast unmöglich, die Anzahl und die Verteilung der Aleviten zu bestimmen.
Die Aleviten unterscheiden sich weder in der Sprache noch in anderen erkennbaren Zeichen von anderen Mitbürgern in der Türkei.
In der Türkei leben sie in allen Provinzen und Großstädten und somit sind sie auch nicht geografisch einzuordnen.
Doch es ist auffallend, dass die Aleviten in der Türkei am meisten im Südosten und in Zentralanatolien leben. Andere gehen von zwölf bis 14 Millionen aus und sunnitisch-orthodoxe Quellen sprechen von nicht einmal vier Millionen Aleviten in der Türkei.
In der Türkei sind die Aleviten unter türkischer, kurdischer, zaza, turkmenischer, und arabischer Abstammung zu finden.
Die Anzahl der Aleviten ist zudem auch sehr problematisch zu ermitteln, weil von den staatlichen Quellen entweder keine Statistiken erstellt oder diese der Bevölkerung enthalten werden.
Eine angemessene Schätzung ist jedoch, dass es ca. 20 Millionen Aleviten in der Türkei leben.
Wiederrum wird davon ausgegangen, dass von diesen 20 Millionen etwa zwölf Millionen türkische und acht Millionen kurdische Herkunft sind.
Wobei die Zaza Aleviten hier als Kurden betrachtet werden (und die Anzahl der arabischen Aleviten werden hier ebenfalls nicht erwähnt) .
Sowohl in der Türkei als auch in Deutschland ist die Anzahl der Aleviten unbekannt und es gibt verschiedene Meinungen darüber, wie viele Aleviten in Deutschland leben.
Es gibt auch in Deutschland keine statistischen Erhebungen über die Anzahl der Aleviten.
Unter den Forschern, die sich mit dem Alevitentum beschäftigen, gibt es eine Fülle von Schätzungen über die Anzahl der Aleviten in Deutschland.
Einige sind auch der Ansicht, dass die Anzahl der Aleviten unter den türkischen Migranten, im Vergleich zur Türkei höher sei.
Dies wird damit begründet, dass einerseits der Anteil der Aleviten unter den Gastarbeitern überdurchschnittlich hoch war und zum anderen, dass die Asylsuchenden nach dem Militärputsch von 1980 fast ausschließlich Aleviten waren, die auf der Seite der Opposition standen.
In Deutschland sieht man keine geografischen Besonderheiten bei der Ansiedlung der Aleviten.
Anhand mancher Studien ist aber erkennbar, dass in Berlin signifikant viele Aleviten leben.
In der Türkei kann man die Aleviten in ihrer jetzigen Struktur z. T. geografisch einordnen.
Doch bevor die Binnenmigration und auch die Auswanderung ins Ausland zunahmen, gab es Gegenden in der Türkei die spezifisch als alevitische Siedlungsgebiete betrachtet wurden.
Man kann sagen, dass die traditionellen Siedlungsgebiete der türkischen Aleviten in Zentralanatolien in den Provinzen Sivas, Amasya, Corum, Tokat und Yozgat liegen.
Turkmenische Aleviten leben überwiegend in den südlichen und westlichen Gebieten der Türkei. Kurdische Aleviten bewohnen hauptsächlich Orte in Ost- und Südanatolien, arabische Aleviten die Orte Hatay und Adana.
Als Folge der Industrialisierung und Urbanisierung wanderten viele Aleviten in den 1960er Jahren sowie verstärkt nach 1980 in Großstädte wie Istanbul, Ankara, Izmir, Izmit, Adana, Mersin und Gaziantep ab.
Heute lebt ein Großteil der Aleviten in den Industriegebieten der Türkei.
Durch die Wanderungsbewegungen der türkischen Bevölkerung in neuerer Zeit in die Städte und die allgemein zunehmende Mobilität sind die Aleviten heute in allen Provinzen des Landes anzutreffen.
All die Forschungen und Angaben ergeben, dass die Aleviten nicht regionalspezifisch einzuordnen sind.
Die Binnenmigration änderte die gesellschaftliche Struktur der Aleviten in der Türkei.
Die Verstädterung löste die Hierarchie der Aleviten von Grund auf.
Die Wortführer, die bis Mitte des 20. Jahrhunderts aktiv waren, waren ausschließlich geistliche Führer, die Dedes.
Mit der Verstädterung zerbröckelte diese Institution und die neue Elite der alevitischen Bewegung (Intellektuelle, Akademiker, Unternehmer, Vereinsvorstände) begann, die gesellschaftlichen Strukturen der Aleviten zu formieren.
Die gegründeten und sich weiterentwickelnden Vereine, Institutionen und Stiftungen spielen eine immense Rolle bei der Wahrnehmung und Ausübung des Alevitentums.
Remzi Kaptan
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