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Das Wertesystem des Alevitentums
Der Lebenslauf des Menschen ist nach alevitischer Vorstellung vom Streben nach einer Entwicklung des Denkens und Ethos bestimmt. Die
Aleviten sprechen von den 4 Toren, die der Mensch durchschreiten habe, um seine Bestimmung auf der Erde gerecht zu sein und um die o. b. Entwicklung (Annäherung zu Gott) zu erreichen.
4 Pforten und 40 Regeln 1.
Die Scharia (Seriat)
Es sind die Regeln, die durch Sehen, Hören, und Mitmachen gelernt, verstanden und wahrgenommen werden. Ein Wegweiser bzw. Meister (Rehber) hilft
den einzelnen Schülern (talip) dabei. Diese Pforte wird durch 10 Regeln erreicht: glauben, lernen, Gottesdienst verrichten (beten, fasten, Almosen geben), ehrlichen (legitimen) Verdienst haben, Frauen achten und
kein Geschlechtsverkehr während der Menstruation üben, Fürsorge zeigen, reines Essen genießen, Gutes tun.
2.
Der mystische Pfad (Tarikat)
Das Ziel dieser Pforte ist, Sinn des
Glaubens zu erreichen, der für andere ein Geheimnis bleibt. Um dieses Ziel zu erreichen, braucht der Mensch einen Helfer /Dede. 10 Regeln (Stufen): sich dem geistigen Lehrer (Pir) anvertrauen, als Lernende sich
hingeben, auf äußeres Aussehen verzichten, geduldig sein, fürchten/achten, hoffen auf Hilfe von Gott, gemeinsam sich einfügen (demütig sein), Mensch und Natur lieben.
3.
Das Tor der Erkenntnis (Marifet)
Auf dieser Stufe wird die Lehre tiefgehend studiert und die Bedeutung des Gelernten durch die vorangegangenen Stufen verknüpft. Das gelernte Gesamtwissen muß auch in den
Verhaltensweisen gezeigt werden. Dabei wird der Mensch von seiner Unwissenheit gerettet und für die letzte Phase vorbereitet. 10 Regeln (Stufen): gutes Benehmen und Anstand, ehrenhaft leben, geduldig sein,
genügsam sein, Schamhaftigkeit zeigen, Freigiebigkeit zeigen, Wissen erwerben, Harmonie bewahren, gewissenhaft sein und Selbsterkenntnis üben.
4.
Die Wahrheit (Hakikat)
Der Mensch
begreift alle Geheimnisse des Weges, die Bedeutung und den Sinn des Lebens. So werden ihm alle Geheimnisse des Kosmos, der Welt und des Daseins geöffnet. Er ist dann ein vollkommener, gereifter Mensch. Hier sind
auch die zehn Regeln benannt: Bescheiden sein, Menschen achten und ehren, Arroganz total abschaffen, alle Religionsgemeinschaften nicht nur durch Lippenbekenntnis anerkennen, keine üble Nachrede begehen, Glauben an
Einheit von Allah, Muhammed und Ali, nicht lügen, nicht stehlen, keinen unerlaubten Sex begehen, Gott Vertrauen schenken, das erfundene Geheimnis aussprechen.
Quelle: Ismail Kaplan (AABF)
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